Dorn im Auge Pohambas

Leerer Reiter-Sockel vor dem Unabhängigkeitsmuseum in Windhoek. Foto: Sven-Eric Stender (26. Dezember 2013)
[Kommentar zur Versetzung des Reiterdenkmals in Windhoek]
Warum die Nacht-und-Nebel-Aktion, mit Polizei-Einsatz am Weihnachtsabend? Warum wurde das Reiterdenkmal in Windhoek nicht in aller Ruhe und im Zuge des vorgeschriebenen Verfahrens in den Innenhof der Alten Feste verlegt?
Kein Zweifel, mit der weihnächtlichen Aktion wollte man eine hitzige Debatte in der Öffentlichkeit vermeiden. Halb Windhoek ist im Urlaub an der Küste und im Norden Namibias. Bis Mitte Januar, so offenbar das Kalkül, ist Gras über die leere Stelle des Denkmals gewachsen.
Doch warum fürchtet die Regierung eine öffentliche Debatte? 2014 ist ein Wahljahr. Man hätte die Versetzung des Denkmals wählerwirksam inszenieren können. Was für eine Symbolik: Am Tag der Unabhängigkeit werden Reiter und Pferd, Inbegriff der Kolonialherrschaft, vor laufenden Kameras von ihrem Sockel gehoben. Ein mit Swapo-Farben geschmückter Kran hievt die Statue über das Dach der Alten Feste und versenkt sie in den Innenhof des Museums. Kameraschwenk nach links auf das gigantische Struggle-Museum. Wie könnte man seinen Wählern besser zeigen, wem Namibia die Unabhängigkeit zu verdanken hat?
Proteste der Deutschstämmigen in Namibia kämen für eine solche Inszenierung eher gelegen. Doch die finden in der Regel auf den Leserbriefseiten der Allgemeinen Zeitung statt, unbemerkt von 98 Prozent des Volkes. Dort wird man beklagen, dass Dokumente namibischer Geschichte beseitigt werden, mit denen das Land eh nicht reich gesegnet ist. Dort wird man den Kopf darüber schütteln, dass die Regierung nicht schon 2009 den Hof der Feste als Standort genannt hatte, und die Kosten für den damaligen Umzug von 700.000 Namibia Dollar zurückfordern. Dort wird man negative Folgen für den Tourismus sehen, wenn fotogene Wahrzeichen aus dem Stadtbild Windhoeks verbannt werden.
Doch viel Zündstoff enthält der Umzug des Reiters für die Deutschstämmigen nicht mehr. Schließlich hatte Kulturminister Ekandjo ihn bereits im Oktober angekündigt, auf der Jahresversammlung des Deutschen Kulturrates in Windhoek. Der große Aufschrei blieb aus. Nochmals also die Frage: Warum die Nacht-und-Nebel-Aktion? Wenn nicht von den Deutschstämmigen – von wem hat die Regierung Proteste zu befürchten?
Vor vier Jahren musste das Reiterdenkmal dem so genannten Struggle-Museum weichen. Das gewaltige Gebäude bildet das zentrale Monument des Freiheitskampfes. Neben ihm schrumpfen Pferd und Reiter auf die Größe eines Zwerges. Trotz dieser Symbolik spricht Präsident Pohamba von einem Dorn im Auge. Warum?
Auf dem Platz vor dem Unabhängigkeitsmuseum sollte eine Statue von Gründungsvater Sam Nujoma errichtet werden. Vor wenigen Monaten wurden die Pläne erweitert – hinzu kommen acht Statuen von führenden Persönlichkeiten, die noch benannt werden sollen. Offenbar reagierte man auf Proteste in den eigenen Reihen.
Vor der Alten Feste, anstelle des Reiters, ist ein Standbild eines Mannes und einer Frau vorgesehen, die die Unabhängigkeit begrüßen – 1990 also, errungen von der regierenden Swapo. Mit dem Reiter verschwindet die Erinnerung an den Kolonialkrieg 1904 im Museum. Die Erinnerung an den Kampf und die Opfer der Herero und Nama, 62 Jahre vor Beginn des bewaffneten Kampfes der von Ovambo geführten Swapo.
Das ist der wahre Dorn im Auge Pohambas. Deshalb bei Nacht und Nebel. Aus Furcht vor einer “schwarz-schwarzen” Debatte um das Monopol der Swapo auf den Freiheitskampf – im Wahljahr 2014.
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Wir hatten, in diesem Jahr, eine Reise nach Namibia geplant. Das hat sich nun erledigt.